Politik

"Blamage" für Russland War der Drohnenangriff auf den Kreml nur inszeniert?

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Zwei Drohnen sollen über einem Regierungsgebäude in Moskau abgeschossen worden sein. Der Kreml vermutet einen Attentatsversuch, Kiew dementiert den Angriff. Dabei sprechen mehrere Indizien gegen einen Angriff seitens der Ukraine.

Der Kreml spricht von einem "Mordanschlag" auf Putin und einem Terroranschlag seitens der Ukraine auf Einrichtungen in Moskau. So lautet die unmittelbare Reaktion der russischen Regierung auf zwei Flugobjekte, die am Mittwoch über den Dächern von Regierungsgebäuden in der russischen Hauptstadt abgeschossen wurden. Videos sollen die mutmaßliche Drohnenattacke dokumentieren, ein Angriff Hunderte Kilometer entfernt von der eigentlichen Front in der Ukraine. Mehrere Indizien deuten allerdings darauf hin, dass die Aktion von Russland selbst durchgeführt und gezielt inszeniert wurde.

"Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass zwei Drohnen mehrere Schichten der Luftabwehr durchdringen und direkt über dem Herzen des Kremls abgeschossen werden und dabei noch spektakuläre Bilder entstehen", hieß es in einer Analyse des Institute for the Study of War (ISW). Sollte bei der Anzahl an Luftabwehrsystemen auf den Dächern Moskaus doch ein hochrangiges Ziel wie der Kreml-Senatspalast getroffen werden, wäre es eine "erhebliche Blamage für Russland".

Ein nicht inszenierter Drohnenangriff wäre ein Überraschungsmoment gewesen, auf den Russland nicht umgehend hätte reagieren können, so das ISW. Und bislang sei es dem Kreml nicht gelungen, rechtzeitig auf andere militärische Demütigungen zu reagieren, wie beispielsweise die Niederlagen von Balaklija und Cherson. Die sofortige und koordinierte Reaktion des Kremls auf den Vorfall deute daher darauf hin, dass der Angriff intern so vorbereitet wurde, dass seine beabsichtigten politischen Auswirkungen größer seien als das Zeichen einer schwachen Verteidigung Moskaus.

Aus der Ukraine kam nach dem Angriff ein Dementi von höchster Stelle. "Wir greifen weder Putin noch Moskau an. Wir kämpfen auf unserem Territorium. Wir verteidigen unsere Dörfer und Städte", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj. Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte, ein Angriff auf Moskau ergebe für die Ukraine keinen Sinn, würde aber Russland helfen, seine eigenen Angriffe auf zivile Ziele zu rechtfertigen.

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US-Außenminister Antony Blinken zweifelte ebenfalls die Anschuldigungen aus Moskau massiv an. Er könne die Berichte nicht bestätigen, sagte Blinken in Washington. Er würde jedoch "alles, was aus dem Kreml kommt, mit großem Vorbehalt aufnehmen".

Sicherheitsexperte Joachim Weber sprach bei ntv zumindest davon, dass außer der Ukraine kein anderes Land infrage komme. "Wer den Kreml angreift und noch nicht im Krieg mit Russland ist, der wäre es nach der Attacke." Die Urheber könnten nur in der Ukraine sitzen. Dass das Ziel gewesen sei, Putin zu töten, halte Weber aber für unwahrscheinlich. "Da hätte man den genauen Aufenthaltsraum im Gebäude wissen müssen, um ihn zu treffen." Stattdessen habe der Angriff Symbolcharakter für die Ukraine, dass man selbst das Herz des Feindes in dessen Hauptstadt treffen könne.

Quelle: ntv.de, mba

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