In einem aktuellen Beitrag der Schwäbischen Zeitung äußert sich Dr. Joachim Weber, Sicherheitsexperte an der Universität Bonn und Senior Fellow am CASSIS, zur Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland. Aus Webers Sicht steht dem politischen Willen zur Reaktivierung der Wehrpflicht eine ernüchternde Realität gegenüber: Die Infrastruktur der Bundeswehr ist vielerorts in katastrophalem Zustand – marode Kasernen, verstopfte Toiletten, fehlende Sanitäreinrichtungen für Soldatinnen und teils unzumutbare hygienische Zustände verhindern einen geordneten Ausbildungsbetrieb. Weber betont, dass die überbordende Bürokratie notwendige Reformen lähme, obwohl die geopolitische Lage schnelles Handeln erfordere. Auch Bundesverteidigungsminister Pistorius hatte zuvor eingeräumt, dass es an Kasernen und Ausbildern fehle. Seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 wurden bundesweit 31 Kasernen geschlossen, bestehende Standorte teils stark verkleinert. Weber stellt fest, dass unter den aktuellen Bedingungen weder eine Freiwilligenarmee ausreichend wachsen kann, noch ein verpflichtendes Dienstsystem tragfähig wäre. Dennoch plädiert er dafür, „irgendeine Form von Wehrpflicht“ wieder einzuführen – als Reaktion auf die neue sicherheitspolitische Realität. Ohne grundlegende strukturelle und organisatorische Verbesserungen sei jedoch weder Wehrgerechtigkeit noch Wehrfähigkeit herstellbar.
Dr. Joachim Weber bei Schwäbische.de: Peinlich und eklig – Woran die Wehrpflicht wirklich scheitert Dr. Joachim Weber bei Schwäbische.de: Peinlich und eklig – Woran die Wehrpflicht wirklich scheitert
Dr. Joachim Weber, Sicherheitsexperte an der Universität Bonn und CASSIS, sieht die Rückkehr zur Wehrpflicht in Deutschland durch infrastrukturelle Mängel, bürokratische Hürden und strategische Versäumnisse massiv behindert – trotz wachsender sicherheitspolitischer Notwendigkeit.
Dr. Joachim Weber forscht im Bereich von strategischer Vorausschau mit dem Ziel, auf Basis analytischer Instrumente bessere Handlungsansätze für praktische Politik zu generieren und Theorie und Praxis besser zu verbinden. Vor seinem Wechsel zu CASSIS beforschte er im Arktis-Projekt des ISPK (2017-2019) geostrategisch und sicherheitspolitisch relevante Entwicklungen im Hohen Norden. Dr. Weber ist MItbegründer des Kavoma (Katastrophenvorsorge und -management)- Studiengangs an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (2006 ff.). Seit gut zwei Jahrzehnten hat er zahlreiche Lehrveranstaltungen zu diversen Themen von Geschichtswissenschaft, politischer Geographie und Politikwissenschaft an den Universitäten von Hamburg, Bonn, Zagreb und Akron, OH gegeben.