Infrastructures of Memory
Das aufstrebende China erzählt eine "China-Story" nicht nur der eigenen Bevölkerung, sondern auch der restlichen Welt: woher es kommt; wohin es gehen wird; wie es aufsteigen wird und welche Weltordnung es mitgestalten möchte. Die politische Bezugnahme auf Chinas Vergangenheit und sein kulturelles Erbe spielen hierfür eine zentrale Rolle. Allerdings stellt nicht nur offizielle Rhetorik vielfältige Bezüge zu Geschichte und Kulturerbe her, sondern auch zivilgesellschaftliche Akteure auf Provinz- und Kommunalebene. Die unmittelbare Verbindung neuer Kulturerbestätten mit der modernen Seidenstraßen-Initiative eröffnet neue Analyseperspektiven auf Chinas Streben nach globaler Anerkennung und normativer Prägekraft. Aber auch darauf, wie chinesische Akteure mithilfe von Denkmalschutz, Archäologie, und Geschichtspolitik das gegenseitige Verständnis mit anderen Gesellschaften und Kulturen fördern oder Spannungen und Konflikte alternativ interpretieren. Als methodischer Fluchtpunkt dienen hierfür „Infrastrukturen der Erinnerung“, die als eine heterogene, auf Temporalität bezogene, Konstruktionsarena für kollektive Identitäten verstanden werden. Welche Art von (nationaler) Identität wird durch unterschiedliche Erinnerungsinfrastrukturen konstruiert und verhandelt? Wie sieht der Erzählrahmen aus, in dem China seine "Heritage-Diplomacy" (Winter) einerseits und seine „Historical Statecraft“ andererseits entwickelt? Inwieweit akzeptiert das nationale und internationale Publikum die offizielle China-Story, die auf die Geschichtlichkeit des kulturellen Erbes rekurriert? Welche Auswirkungen auf internationale kulturelle Hierarchien sowie die aktuelle Transformation weltgeschichtlicher Erzählungen und damit verbundener Identitätsbildungsprozesse haben chinesische Erinnerungsinfrastrukturen?
Publikationen

South Korea’s intangible cultural heritage claims and China’s ontological security.
Xiaojun Ke
International Journal of Cultural Policy, 2021
doi: 10.1080/10286632.2021.1981887

China’s historical statecraft and the return of history.
Maximilian Mayer
International Affairs, 94(6), 2018, 1217–1235:
doi: 10.1093/ia/iiy209
Veranstaltungen
Online-Workshop
27. Mai 2021
Infrastructures of Memory: Heritages and Diversity in Modern China
This workshop aims to discuss how different heritage related actors in contemporary China construct and employ historical, architectural and cultural resources as memory infrastructures to engage in identity construction in the context of modern Chinese society and in Chinas transnational cultural and political interactions.